Leitlinien für den digitalen Wandel

Digitaler Wandel als Herausforderung für die Hochschulbildung

Der digitale Wandel durchdringt Gesellschaft und Wissenschaft, Kultur und Bildung. Um Einzelinitiativen und Maßnahmen innerhalb der Universität eine starke gemeinsame Orientierung und Stoßrichtung zu geben und ihre erfolgreiche Lehrstrategie zu ergänzen, hat die Johannes Gutenberg-Universität seit 2019 einen strategischen Prozess zur Gestaltung des digitalen Wandels in Lehre und Studium durchgeführt.

Als Ergebnis dieses Prozesses und geprägt von den Erfahrungen von vier weitgehend in Distanz durchgeführten Semestern werden im Folgenden fünf Leitlinien für die Gestaltung des digitalen Wandels formuliert. Sie setzen strategische Leitplanken für universitäre Bildungsangebote und führen das Selbstverständnis der Universität für den digitalen Wandel aus. Sie folgen dabei dem Ziel, heutigen und künftigen Studierenden überzeugende Angebote sowohl für Lernen in einer digitalen Welt zu machen, als auch sie dabei zu unterstützen, Fertigkeiten, Kenntnisse und Kompetenzen für eine digitale Welt zu erwerben, um in dieser souverän zu wirken und sie aktiv mitzugestalten. [...]

Wer den digitalen Wandel gestalten will, muss lernen ihn zu verstehen.

Die Stärke universitärer Bildungsangebote gründet in der Einheit von Forschung und Lehre. Ein Universitätsstudium ist mit dem Erlernen eines forschenden Habitus verbunden. Neben die Vermittlung von Fertigkeiten und Kenntnissen, die erforderlich sind, um in einer digitalen Welt anwendungsbezogen handeln zu können, tritt im Rahmen eines zukunftsorientierten Studiums daher die Ausbildung des eigenen Reflexionsvermögens insbesondere im Hinblick auf Digitalisierung und Digitalität. Studierende werden in die Lage versetzt, reflektierte Handlungsmodelle und Lösungsansätze für noch unbekannte Problemstellungen zu entwickeln und zu bewerten. Die Ausprägung von fachlichen und überfachlichen Kompetenzen, die erheblich über bloße Anwendungskenntnisse hinaus verweisen, trägt zum hochwertigen Qualifikationsprofil von Universitätsabsolvent:innen bei. [...]

Universitäten sind auch digital Räume der Inklusion und Begegnung.

Digitale Werkzeuge sollen dazu beitragen, Distanzen zu überwinden und unterschiedliche Gruppen, verschiedene Disziplinen und Handlungsbereiche produktiv zu verbinden. Digitale Innovationen sollen genutzt werden, um eine individuellere und selbstbestimmtere Gestaltung des Studiums zu
ermöglichen, Angebote international anschlussfähig zu machen und weitreichende Inklusion zu gewährleisten. Zugleich besteht das Risiko, dass die Weiterentwicklung existierender Plattformen und Technologien, der Konsumdruck, der durch beständige Neuerung und Vermarktung von Endgeräten erzeugt wird, sowie die Zunahme von (finanziellen) Zugangsschranken die Separierung und Segmentierung von Individuen und Gruppen im digitalen Raum befördern. [...]

Freie Hochschule fußt auf digitaler Souveränität.

Gerade mit Blick auf die Daten von Lehrenden und Studierenden sowie auf die Möglichkeit, Lernumgebungen den Bedürfnissen eines wissenschaftlichen Bildungsangebots aus der universitären Fachlehre heraus zu entwickeln, ist digitale Souveränität ein zentrales strategisches Ziel. Didaktische und inhaltliche Entscheidungen folgen dem Bildungsverständnis und bleiben soweit möglich unabhängig von privatwirtschaftlichen Wertschöpfungsinteressen. Abhängigkeiten von externen Anbietern und ihren je proprietären Lösungen werden dazu zunehmend reduziert und systematisch vermieden. Im digitalen Raum bedeutet das etwa, dass die Verknüpfung und Gestaltung von Lern- und Entfaltungsräumen im akademischen Umfeld im Rahmen der jeweiligen institutionellen Vorgaben souverän durch Studierende und Lehrende erfolgen. [...]

Digitale Angebote müssen an den Bedürfnissen derjenigen ausgerichtet sein, die sie in Studium und Lehre nutzen.

Die Auswahl und Gestaltung digitaler Plattformen, Anwendungen und Unterstützungsangebote an der JGU folgt den praktischen Bedürfnissen ihrer Nutzer:innen. Zugänge und Erscheinungsbild (User Interfaces, Inhaltstruktur) werden entlang zentraler Anwendungsszenarien konzipiert und um- gesetzt. Dabei sollen Lehrende in die Lage versetzt werden, möglichst weitreichende und informierte Gestaltungsentscheidungen für ihre Lehrangebote treffen und umsetzen zu können. [...]

Der digitale Wandel bietet vielfach neue Chancen für die Öffnung von Wissenschaft und Bildung.

Digitale Werkzeuge bieten einerseits die Möglichkeit, Lernende und Lehrende an der JGU und ihren Partnerinstitutionen in einem integrativen digitalen Kosmos zusammenzubringen; andererseits bieten sie aber auch jenseits der aktiven Teilhabe Chancen für die Öffnung der Universität und ihrer Angebote in die Gesellschaft. Als wesentlichen demokratischen Impuls im Zuge des digitalen Wandels begreift die JGU dabei den Gedanken der Offenheit (openness) mit den Schwerpunkten Open Access, Open Data, Open Educational Resources und Open Source. [...]