KI in der Hochschulbildung

KI in der Hochschulbildung: Maßnahmen und Empfehlungen

Seit seiner Veröffentlichung im November 2022 befeuert OpenAI's Dialogdienst ChatGPT weltweit Diskussionen über den Einfluss und die Leistungsfähigkeit sog. Künstlicher Intelligenzen (KI). Für den Bildungsbereich werden insb. der Einfluss auf wissenschaftliches Schreiben durch den Einsatz generativer KI (Zehn Thesen zur Zukunft des Schreibens in der Wissenschaft), Analysetools (learning analytics) und Ansätze für adaptive, individualisierte Lernsysteme diskutiert. Erste Befragungen weisen darauf hin, dass viele Studierende regelmäßig KI-Tools nutzen (Link). Softwareanbieter planen die verstärkte Integration von KI-Tools in ihre Standarddienste.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen stehen Universitäten auf allen Ebenen vor Herausforderungen: als Gesamtinstitution in strategischen Fragen, in Fachbereichen und Fächern bei der Entwicklung von Studienangeboten und Gestaltung von Rahmenbedingungen und auf Ebene einzelner Lehrender. Die folgenden Anregungen adressieren in den vergangenen Monaten intensiv diskutierte Fragestellungen und folgen teils neuen, teils bereits vor 2022 diskutierten Ansätzen. Sie sollen Handlungsmöglichkeiten aufzeigen und Orientierung im Feld bieten. Bereits umgesetzte Maßnahmen und Angebote (Veranstaltungen, Informationssammlungen, Vorlagen) finden Sie in unserer Linkliste .

Angesichts der rasanten Entwicklung müssen Empfehlungen, wo sie konkreter werden, vorläufig bleiben. Leitend sind daher besonders zwei Gedanken aus den Leitlinien für den digitalen Wandel in Lehre und Studium:

  1. Reflexion: Es ist nicht absehbar, wie KI-Einsatz sich in Studium und Lehre auswirkt. Wo Anwendungen gemeinsam erprobt werden, sollte immer Raum für die Reflexion und kritische Bewertung gegeben werden.
  2. Offenheit: KI stellt besondere Anforderungen an Nutzer:innen, transparent mit eigenen und technisch-erzeugten Beiträgen umzugehen. Hier braucht es Raum zur Aushandlung geeigneter Transparenzkriterien und Nachweise.

 

 

Wie entwickeln wir digitale Schlüsselkompetenzen weiter?

 

  1. KI in die Lehre integrieren: Lehrende nutzen KI-Tools in Lehrveranstaltungen beispielhaft, etwa:
    1. bei der Bearbeitung fachlicher Fragestellungen,
    2. bei der Vorbereitung von Arbeitsaufgaben und Beispielen (mit entsprechenden Nachweisen),
  2. KI-Einsatz in Aufgaben integrieren: Lehrende stellen Arbeitsaufträge, die explizit einen fachlich-angemessenen KI-Einsatz mit umfassen. Teil der Arbeitsaufträge sind transparente Verwendungsnachweise und Reflexion der Einsatzmöglichkeiten.
  3. Fachmethoden schreibend einüben, authentische Szenarien und Fallbeispiele aus der Praxis, anhand derer die Anwendung spezifischer Methoden des Fachs schreibend eingeübt werden. KI-Tools werden unterstützend eingesetzt
  1. KI in Lehre und Studium integrieren: Fachbereiche und Fächer evaluieren Studiengänge und Studienangebote kritisch, um Raum für die Reflexion und fachspezifische Anwendung von KI zu integrieren. Neben spezifischen (neu entwickelten) Lehrveranstaltungen kann auch die Integration spezifischer Lerneinheiten in etablierte Veranstaltungen Studierende auf KI-bezogene Herausforderungen in Forschungsalltag und außerwiss. Tätigkeiten vorbereiten. Adressiert werden sollte:
    1. Basics AI Literacy: Studierende lernen grundlegende Funktionsweise zentraler KI-Tools (insb. Large Language Models) kennen und reflektieren ihre Auswirkungen und Einsatzszenarien in ihrem wiss. Fachkontext.
    2. Handlungskompetenz: Studierende lernen fachlich relevante Tools kennen, auswählen und kombinieren, z.B. mit Schwerpunkt in KI / hybrid writing und prompting.
  1. Offene Weiterbildungsangebote schaffen: Universitätsweit werden Fortbildungsangebote für Mitarbeitende und Lehrende geschaffen:
    1. Basics AI Literacy: Zum Verständnis der Funktionsweise von KI-Tools werden Kurse angeboten, in denen grundlegendes Wissen über NLPs als Form maschinellen Lernens vermittelt wird.
    2. Handlungskompetenz: Zur (Weiter)Entwicklung von Anwendungsfertigkeiten werden Workshops zum Schreiben mit AI (hybrides Schreiben) und prompting angeboten, in denen unterschiedliche Tools kurz vorgestellt und gemeinsam erprobt werden.

 

Wie verändert KI wissenschaftliche Textproduktion?

 

  1. Lehrende geben Raum für Diskussion über: Adressat:innen und Zweck studentischer Texte, Verantwortung beim Schreiben wissenschaftlicher Texte, Konsequenzen für die Nutzung von KI-Tools.
  2. Lehrende stellen Transparenz in Bezug auf Entscheidungen, Lernziele und Benotung her.
  3. Lehrende fordern/fördern Reflexion über: Unterschiede zwischen Schreibprozessen und -produkten mit bzw. ohne KI, effektive Prompts und ihre Ergebnisse, schriftliche Reflexion über Experimentierprozess.
  4. Lehrende und Studierende experimentieren gemeinsam: Erstellen verschiedener Textsorten mit und ohne KI-Tools (z.B. Zusammenfassung, Essay, Literaturauswertung, Quellenkritik), Befragung von KI-Tools zu Veranstaltungs- und Literaturinhalten, etc.
  5. Lehrende implementieren praxisorientierte Lehrmethoden, die es den Studierenden ermöglichen, KI in wissenschaftlichen Textproduktionen aktiv anzuwenden. Dies kann die Entwicklung eigener KI-gestützter Texte, die Analyse von KI-basierten Forschungsarbeiten und die Bewertung der Auswirkungen von KI auf wissenschaftliche Kommunikation umfassen
  1. Textanforderungen evaluieren und anpassen: Um auf neue Formen des (hybriden) wissenschaftlichen Schreibens zu reagieren, diskutieren Lehrende fach- bzw. fachbereichsweit Anforderungen an wiss. Texte (im Studium) und Möglichkeiten des fachlich-angemessenen und transparenten KI-Einsatzes bei der Textproduktion. Bewertungskriterien und Aufgabenstellungen werden angepasst.
  2. Gelungene Beispiele sichtbar machen: Fächer identifizieren gelungen Beispiele für KI-Einsatz in Fachtexten und stellen diese Lehrenden und Studierenden zur Verfügung.
  1. Empfehlungen für Einsatz und Nachweis zusammenstellen: Um Lehrenden und Studierenden Orientierung zu bieten, werden Empfehlungen für angemessene Nachweisformen (bibliographische Angaben, Anwendung Autorschaftskriterien, rechtliche Einschätzungen u.ä.) sowie etablierte bzw. sich etablierende Einsatzformen in Empfehlungen zusammengestellt.
  2. Raum für Diskussion schaffen: Um gemeinsame Perspektiven zu entwickeln und Diskussionen zu bündeln, werden universitätsweite Veranstaltungen angeboten, in denen Fragen der Wissenschaftsethik und der Qualitätssicherung (u.a. Peer Review, Review-Verfahren) in Zeiten von KI thematisiert werden können.
  3. Schreibspezifische Weiterbildungsangebote machen:
    Zur (Weiter)Entwicklung von Anwendungsfertigkeiten werden Workshops zum Schreiben mit KI (hybrides Schreiben) in einem ersten Schritt insb. für Lehrende angeboten, in denen unterschiedliche Tools kurz vorgestellt und gemeinsam erprobt werden.
  4. Fachübergreifend Beispiele sichtbar machen: Die Universität stellt auf den Webseiten zur digitalen Lehre gelungene Beispiele für KI-Einsatz in wissenschaftlichen Texten zentral für Lehrende und Studierende zur Verfügung.

Wie gelingen gute (sinnvolle und sichere) Prüfungen?

 

  1. AI Literacy (mit)prüfen: Lehrende passen Prüfungen (im Rahmen der POs) an, um einen transparenten KI-Ansatz – wo angemessen – möglich zu machen und zugleich dessen sinnvollen Einsatz mit zu prüfen. Prüfungen müssen dabei im Einklang mit den Lernzielen der Curricula sowie des betreffenden Moduls stehen.
  2. Nachgelagerte Prüfungen anpassen: Praxisbegleitende oder -nachgelagerte schriftliche Prüfungen (wie bei Labor- oder Werkstattarbeit) werden – wo möglich – durch diskursive Elemente ergänzt und stärker verschränkt (open end-lab-Ansatz). Durchführung, Dokumentation und Auswertung eines Versuchs werden mit der Diskussion der Ergebnisse in begleiteter Gruppenarbeit kombiniert.
  3. Open-Book-Prüfungen mit KI denken: Wo Open-Book-Prüfungen stattfinden, werden KI-Tools als ein Hilfsmittel konsequent mitgedacht, Aufgaben berücksichtigen die Bearbeitungsmöglichkeiten.
  4. Schriftliche Arbeiten kommentieren: Seminar- und Abschlussarbeiten werden – wo möglich – durch mündliche Formate ergänzt und/oder bereits in der Entstehung intensiv begleitet, um die individuelle Entwicklung des Schreib- bzw. Forschungsprojekts bewerten zu können.
  1. Prüfungsmodalitäten überdenken: In Fächern und Fachbereichen werden fachlich geeignete und angemessene sowie problematische Einsatzformen von KI in Prüfungen diskutiert.
  2. Neue und erweiterte Prüfungsformate aufnehmen: Neue Prüfungsformate mit spezifischem KI-Einsatz werden im Anhang der Prüfungsordnung beim betroffenen Modul aufgenommen. Insb. in Frage kommt die Verknüpfung von schriftlichen und mündlichen Formaten.
  1. Eigenständigkeitserklärungen anpassen: Um studentische Leistungen transparent zu machen, werden zentral neue Vorlagen für Eigenständigkeitserklärungen zu schriftlichen Arbeiten entwickelt.
    Wurde bereits umgesetzt: Die neue Eigenständigkeitserklärung können Sie hier herunterladen.
  2. White List anbieten: Es werden zentral Informationen zu KI-Tools und ihrem Einsatz in akademischen Lese- und Schreibprozessen gesammelt, die in eine white list für unbedenkliche Anwendungen münden. (Beispiel: https://www.vkkiwa.de/ki-ressourcen/)
  3. Neue Prüfungsformate definieren: Vor dem Hintergrund der KI-Entwicklung werden neue Prüfungsformate beobachtet. Formate, die sich auf Fachebene etablieren, werden schrittweise in die PO-Manteltexte übernommen.

Die Empfehlungen wurden teilweise übernommen aus Hochschulbildung vor dem Hintergrund von Natural Language Processing (KI-Schreibtools). Ein Framework für eine zukunftsfähige Lehr- und Prüfungspraxis.